Wir feiern Jahrestag

„Die Zeit ist da und wir können sie Leben. Ansonsten können wir mit der Zeit gar nichts machen“


1 Jahr leben im Fliewatuk – 1 Jahr leben auf der Strasse

Ich habe lange überlegt, ist es angemessen, von Leben auf der Strasse zu schreiben. Es gibt Menschen, die leben ohne Fliewatuk auf der Strasse, meist unfreiwillig. Das ist nicht zu vergleichen und oft eine wirkliche Tragödie.

Ich habe es dennoch geschrieben, denn ich weiss ein paar Leute aus unserem Umfeld sehen unser Leben durchaus in diese Richtung entgleiten. Und da mir dieser Gedanke immer ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert, mag ich gerne damit kokettieren. Denn ja, der Vergleich ist aus meiner Sicht absurd, wenn man an die wirklichen Umstände denkt.

Wir haben unser Leben frei und wohl überlegt gewählt und leben seit dem 01.05.2023 nun im Fliewatuk. Eigentlich wollten wir unser Haus am 02.05. dem neuen Besitzer übergeben und es war alles bereit. Es wurde dann fremdbestimmt der 15.05., aber in einem leeren Haus wohnen, geht ja dann auch nicht mehr.

Zu Beginn waren wir beide ziemlich fertig. Einerseits hat uns unsere Schneeflöckleinprinzessin Kiani, welche in der Nacht auf Ostersonntag 2023 gestorben ist, sehr gefordert.

Anderseits ist ein Haus räumen, alles verkaufen, verschenken und ein kleiner Teil entsorgen nicht ohne. Zu unserer absolut grossen Freude konnten wir mit unseren Dingen einigen eine grosse Freude machen. Und es verblüfft und freut mich heute noch, dass wir nichts Brauchbares wegwerfen mussten. Wir hatten in unserem 6 Zimmer Haus, Garage mit Werkstatt, grossem Garten mit Hühnerstall wirklich viel Kram. Für alles haben wir die passenden neuen Besitzer gefunden. Einige kleine soziale Einrichtungen waren auch dabei. Die Kontakte waren vorwiegend sehr angenehm. Aber ja, es gab auch die Erlebnisse, über die wir uns sicher noch in 10 Jahren wundern. Alles in allem war es positiv, wirklich. Es hiess aber auch viel entscheiden, organisieren, inserieren, sortieren, transportieren und schleppen.

Dann gab es einige Abschiede für länger oder immer. Von (Band-) Familie, Freunde, Kiani, Hühner, Garten und von Dingen. Es waren teilweise ganz wundervolle Momente, in jedem Fall emotional. Das letzte Untruekonzert, welches leider sehr spontan dazu wurde, weil das letzte abgesagt werden musste, werden wir sicher nie vergessen!

Ja und dann fuhren wir los in Richtung Schweden. Die ersten Wochen haben wir uns einfach erholt und das Sein genossen. Dann waren nähe Hamburg noch ein paar Arbeiten an unserem Fliewatuk geplant – die einzigen 3 Nächte, in denen wir nicht in unserem Fliewatuk geschlafen haben. Und dann genossen wir Schweden – erneut fanden wir, ein wirklich schönes Land. Einfach richtig viele Wohnmobile unterwegs. Unabhängig von der Jahreszeit mussten wir das überall wo wir waren feststellen. Das Wetter war nicht besonders gut, wie uns auch Schwed:innen versicherten. Auf dem Hin- und Rückweg haben wir auch ganz wundervolle Ecken von Deutschland gesehen. Dann durch Frankreich nach Spanien, wo wir am längsten waren. Vorwiegend an der Küste, was den Temperaturen geschuldet war. Das war eine Wohltat. Winter und jeden Tag die Sonne sehen. Es war eine Überraschung, wie gut das der Seele tut. Auch wenn es sehr voll mit Wohnmobilen war und die Küste landschaftlich und architektonisch meist nicht so schön war. Überwintern geht so wirklich sehr gut. Geheizt haben wir im April mehr, als den Winter in Spanien. Und dann Gibraltar als kurzer Abstecher und Portugal. Für Portugal hatten wir eher zu wenig Zeit, was dem Wetter und Terminen geschuldet war. Macht aber nichts, wir kommen wieder. Und nun sind wir auf dem Weg durch Frankreich in die Schweiz. Frankreich ist zwar schon oft bereist, aber immer wieder eine Reise wert. Auch wenn wir gerade in tagelangem, grossflächigem Regen stecken. Kann es geben, ist nicht toll, aber gibt es halt. Auch ein neues Erlebnis. So viel und so lange Regen ohne merklichen Unterbruch hatten wir noch nie.

Nach einem Jahr wissen wir nun auch, dass unsere finanzielle Kalkulation auf 2% genau stimmt. Das ist schon sehr verblüffend, finde ich. Natürlich ist es eine Momentaufnahme dieses Jahres und der bereisten Ländern. Und die Steuern und AHV für nicht Erwerbstätige sind noch nicht definitiv. Aber den Rahmen haben wir gut geplant.
Immer mal wieder denken ich daran wie mir Jemand, als ich grob unsere monatliche Kalkulation gesagt habe, meinte, sie wissen von verschiedenen Blogger:innen, dass es auch mit einem Drittel geht. Nun den – vielleicht wenn man 20 ist, nicht daran interessiert ist in die AHV einzuzahlen und Gesundheitskosten ausgeblendet werden. Vielleicht geht es mit Weniger, für uns passt es so wie geplant.

Uns gefällt das Leben richtig gut. Das meiste ist wie erwartet. Wir kommen sehr gut zu zweit zurecht und sind glücklich damit 99,9% der Zeit gemeinsam zu verbringen. Unterwegs sein im Zuhause und Orte entdecken gefällt uns. Zudem ist es uns in unserem Fliewatuk wirklich sehr wohl.

Neu ist, nicht mehr so Getrieben zu sein von der Zeit. Zog es uns beim Reisen mit Zeitlimit immer weiter, auch mal grössere Strecken, weil man dies und jenes noch sehen wollte, wenn man schon in dieser Ecke von Europa ist, fällt das nun mehrheitlich weg. Wenn wir Lust haben, sehen wir uns eine (Gross-) Stadt an, oder eben auch nicht. Mal mögen wir eine touristische Attraktion besuchen, mal auch nicht. Oft sind wir einfach in einem Gebiet und schauen dann, was uns in dieser Ecke interessieren könnte.

Und auch zum Kochen bleibt mehr Zeit, da wir auch mal ein paar Tage an einem Ort sind. Aber auch, weil wir das mit dem Gas nun gut gelöst haben. Vermissen tun wir wohl nur Fondue bis jetzt – Raclette gab es sogar ein paar Mal, halt aus der Pfanne.
Unser Fliewatuk ist uns inzwischen gut vertraut. So wagen wir uns auch mal etwas zu verändern oder Reparaturen vorzunehmen. Da gibt es inzwischen mehr Gelassenheit, wenn mal etwas nicht funktioniert.

Uns ist ganz und gar nicht langweilig – manchmal finden wir für Dinge wie Musik machen, schreiben und gestalten ist fast etwas wenig Zeit. 

Was uns etwas fehlt sind Konzerte besuchen. 2-3 Mal hat sich was ergeben, musikalisch war es aber ein Kompromiss. Ein richtig gutes Konzert wäre mal wieder was. Und natürlich das (spontane) Treffen mit Familie, Freunden und Bekannten. Anderseits gab es das auch früher weniger als man meint. So sind unsere Aufenthalte in der Schweiz etwas vollgepackt aber auch voll mit wundervollen Begegnungen. Und das Internet gibt ganz wundervolle Möglichkeiten in Kontakt zu sein, wenn beide Seiten das möchten.

Was schwierig oder Herausfordernd ist, ist das Waschen und manchmal das Reisen mit älteren Tieren. Wobei das Eine zeitweise mit dem Anderen zusammen hängt. Lou und Luna sind wirklich grossartig Mitreisende und ich denke auch, sie sind sehr glücklich mit diesem Leben. Es wird so noch bewusster, wie sehr Tier die gemeinsame Zeit schätzen. Und gerade Luna, die vorher nie dabei war und wir nicht wussten, wie das wird, macht es unglaublich gut. Nur ist sie leider nicht mehr gesund und fit und nicht mehr alles klappt so wie sie das möchte. Helfen kann man ihr aber wenig, ist sie da noch immer wehrhaft und deutlich. An Medikamentengabe ist gar nicht zu denken. Und Lous Allergie war im ersten Teil unserer Reise wirklich schwierig. Inzwischen haben wir das aber recht gut gelöst. indem wir ihr Menschenfleisch kaufen. In den bereisten Ländern ist nämlich Rind-Barffleisch kaum bis gar nicht zu bekommen. Früher haben wir das halt für 4 Wochen mitgenommen.

Ja und Wäsche waschen ist teilweise echt ätzend, ich kann es nicht anders schreiben. Es gibt echt gute Waschsalons mit leistungsstarken, hervorragenden Maschinen. In Schweden gibt es dies aber nicht. Da bleibt nur der Camping oder Hafen. Und dort ist es ein Krieg um die Maschine und die Trockner sind durch Wartung und extrem hohe Luftfeuchtigkeit eigentlich nicht funktionsfähig. In Spanien und Portugal gibt es echt viele und gute Waschsalons. Aber dann steht man plötzlich mit sehr viel nasser Wäsche da und merkt, dass der Trockner nicht funktioniert. Oder der Trockner scheint zu funktionieren, aber eben nicht wirklich. Und auch wenn wir nur etwa alle 3 Woche waschen ist es häufiger Ärger und Stress. Und wenn es dann mal wieder gut gelaufen ist vergisst man, mit dem Anderen zu rechnen. Anderseits, wenn ich das hier so schreibe – wenn das alles ist, ist es doch nichtig oder?

Und genau so ist es – es ist richtig gut unser Leben. Wir geniessen es und sind rundum glücklich. Welch ein Geschenk, so viel Zeit mit seinen Liebsten zu verbringen und sich mit den Lieben anderswo verbunden zu fühlen. Die Welt zu entdecken und unterwegs zu sein ist grossartig für uns. Es gibt sicher noch viel mehr zu schreiben. Das hier ist, was mir gerade eingefallen ist und so lasse ich es einfach für den Moment stehen.

3 Kommentare

  1. Eine liebe Umarmung zu euch – danke für diesen Jahresrückblick
    Meine Gedanken sind grad fest bei euch

  2. Marietta

    Es freut mich, dass ihr so lebendig unterwegs seit.
    liebe Grüsse Marietta

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